Vorweihnachtlicher Spiele-Marathon (4) - Schatten über Camelot!

Ich habe meine Frau in diesem Spiel betrogen.
Jetzt weiß ich, dass ich es niemals echten Leben wagen würde.
Gespielt am: 22.12.2014
Mit: Anna, Basti, David, Scheuer, Sebastian

Und weiter gehts in einer Geschwindigkeit, in der ich vermutlich auch einen richtigen Marathon zurücklegen würde. Hoffentlich werde ich mit der Zusammenfassung fertig, bevor schon wieder Weihnachten ist!

Beim nächsten Spiel mussten wir doch tatsächlich kooperieren - wir spielten Schatten über Camelot, eines der kooperativen Spiele, die das Genre populär machten.

In Schatten über Camelot sind wir König Artur und die Ritter der Tafelrunde und treten gegen das Böse Spiel (TM) an. Es gilt, auf Questen auszuziehen und diese wenn möglich auch zu gewinnen, bevor sie vom erbarmungslos voranschreitenden Bösen Spiel (TM) abgeschlossen werden. Das klappt nur, indem die Spieler zusammen arbeiten und sich abstimmen. Damit es nicht komplett Ponyhof ist, könnte einer der Spieler ein Verräter sein, der den Erfolg durch möglichst unauffällige, aber bestimmte Inkompetenz zu torpedieren versucht. Wie im richtigen Leben auch.

Die Questen sind kleine Mini-Spiele, bei denen man seine Handkarten einsetzen muss. Es gibt Zahlenkarten, mit denen man Straßen oder Full House (die mittelalterlichen Fachbegriffe sind vermutlich "Pfad" und "volle Burg"?) bilden muss und Sonderkarten, die einem neue Karten geben oder für die spezielle Gralsqueste benötigt sind. A pros pos Gral - die Questen decken alles ab, was der Artus-Connoisseur erwartet: Gral, Excalibur, schwarze Ritter, Drachen, Sachsen und - natürlich - die Pikten.

Ist man am Zug, zieht man immer zunächst eine "böse" Karte, die eines der Questen einen Schritt in Richtung böses Ende voranschreitet oder schweres Geschütz (=Belagerungsmaschinen) vor Camelot auffährt. Anschließend darf man sich zu einer Queste bewegen oder dort "eine Heldentat ausführen" (=heldenhaft eine Karte auslegen). Wann immer man eine Queste gewinnt, gibt es Punkte für die Tafelrunde und Loot (in Form von Karten) für die teilnehmenden Ritter. Verliert man eine Queste, gibt es Punkte für das Böse Spiel (TM) und für die teilnehmenden Ritter was auf die Mütze (in Form von Lebenspunkten). Wer kein Leben mehr hat, ist raus.

Sobald 12 Punkte vergeben wurden, endet das Spiel. Die Spieler gewinnen, wenn sie mehr Punkte als das Böse Spiel (TM) gesammelt haben. Es sei denn, sie haben den Verräter noch nicht enttarnt. Dann klaut sich das Böse Spiel (TM) noch Punkte der Spieler, was häufig den Unterschied macht. Man kann jederzeit den vermeintlichen Verräter an den Pranger stellen. Liegt man aber nicht richtig, gibt es zur Strafe einen Punkt für das Böse Spiel (TM).

Mir gefällt Schatten über Camelot sehr gut. Die Komponenten sehen super aus, mit dem Thema kann jeder was anfangen, die Regeln sind einfach und es spielt sich flott - in einer Stunde ist man normalerweise durch. Das Spiel an sich ist sehr simpel, setzt aber Spannungsbogen, Paranoia und Schwierigkeitsgrad sehr gut um. Es ist nicht so bockschwer wie Ghost Stories und verbirgt das Rätsel um den Verräter nicht unter 523 Regeln wie Battlestar Galactica. Ein typisches Spiel verläuft so: es geht ruhig los, und man gewinnt die erste Queste mit dem Gefühl, das Spiel mit links zu gewinnen. Dann füllt sich das Spielfeld unaufhaltsam mit bösen Karten und Belagerungsmaschinen. Man wird nervös, gleitet unmerklich in einen Feuerwehrmodus ab und fleht am Ende bei jeder neuen bösen Karte: "bitte jetzt nicht schon wieder die Pikten!" Und außerdem verhält sich der rechte Mitspieler schon wieder sehr verdächtig. Aber der linke auch! Und wo sind überhaupt meine Fingernägel hin?

Klare Empfehlung also, kann man auch gut mit Brettspiel-unerfahrenen Leuten spielen. Unsere Partie haben wir übrigens gewonnen. Der Verräter (wir wollen ihn an dieser Stelle nicht verraten) war nach eigener Aussage "recht verloren und planlos" und wurde enttarnt, bevor er noch mehr Unglück anrichten konnte. Durch effizientes Teamwork (und etwas Kartenglück) fanden wir schnell den Heiligen Gral und gewannen das Duell gegen den schwarzen Ritter. So hatten wir schon die halbe Miete intus (oder so ähnlich).

Schatten über Camelot hat mir übrigens eine der emotionalsten Momente meiner Brettspielkarriere beschert: als Anna und ich es das erste Mal spielten, war ich der Verräter. Die Ritter haben natürlich verloren, was Anna sehr frustrierte. "Wir spielen jetzt nochmal," rief sie in die Runde und blickte dann zu mir. "Aber diesmal bist du nicht der Verräter! Ich will das Spiel doch mit dir zusammen gewinnen!" Die Karten wurden ausgeteilt, und natürlich war ich wieder Verräter. Da Anna damals noch in ihrer "wilden Phase" war, traute ich mich schon gar nicht, richtig böse zu spielen. Das fiel natürlich erst recht auf. Als ich enttarnt wurde, war Anna Kläger, Richter, Henker, Armageddon und Weltenbrand in einer Person ("Wie kannst du es wagen, schon wieder Verräter zu sein!").

Nach ca. 10 Minuten betretenem Schweigen am Tisch konnten wir dann zum Glück den Spieleabend fortsetzen und verheiratet sind wir auch noch. Top Spiel also!

1 Kommentar:

  1. Also Verräter zu sein, ist da schon nicht so einfach! Zu recht hat sich der anonyme in eurer Runde drüber beschwert!

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